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Andreas Schulz stellte Konzept seiner straßenbeitragsfreien Kommune vor

Eine Baumesse besucht man, wenn ein Hausbau, Renovierungen oder Sanierungen am Eigenheim anstehen. Oftmals locken auch interessante Fachvorträge oder Podiumsdiskussionen, die Häuslebauer oder –besitzer auf den Plan rufen. Bei der BAU Expo 2018 in Gießen war Bürgermeister Andreas Schulz als Fachmann in Sachen Straßenbeiträge als Podiumsmitglied eingeladen. Um eine Teilnahme hatte ihn die AG hessischer Bürgerinitiativen „Straßenbeitragsfreies Hessen“ gebeten. An der Diskussionsrunde nahmen zudem Landtagspolitiker der CDU, der Grünen/Bündnis 90, der SPD, der Linken und der FDP teil. Rund hundert emotional aufgebrachte Bürgerinnen und Bürger, die von Ihren Kommunen zu Straßenbeiträgen von 1000 bis 100.000 Euro veranschlagt wurden, waren gekommen und machten sich Luft. Sie schimpften und sprachen von Ungerechtigkeit und Räuberei. Wäre es möglich, hätten sie alle sofort Ihren Wohnsitz samt Besitz in die Gemeinde Ebsdorfergrund verlagert. Hier wäre ihnen das nicht passiert, denn Straßenbeiträge in Altortslagen kennt man hier nicht.

Ebsdorfergrund ist die Ausnahme

Ein Luxus, den nur ganz wenige Gemeinden oder Städten ihren BürgerInnen bieten. Lothar Blaschke, Vorsitzender des Vereins Deutscher Wohnungseigentümer, der ebenfalls an der Diskussion teilnahm und für die Abschaffung der Straßenbeiträge kämpft (beim Bundesverfassungsgericht wurde bereits eine Klage eingereicht), bestätigte, dass die Gemeinde Ebsdorfergrund eine Ausnahmekommune sei. Bürgermeister Andreas Schulz informierte, dass seine Gemeinde einen ausgeglichen Haushalt habe, was diese Vorgehensweise erst ermögliche. In Ebsdorfergrund fassen die Bürgerinnen und Bürger außerdem bei der Erneuerung von Gehwegen auch mal selber an. „Wir entscheiden nicht hoheitlich, sondern beteiligen die Bürger bei allen Entscheidungen“, so Andreas Schulz. Diese Handhabung erspart der Gemeinde viel Bürokratie, eine/n MitarbeiterIn sowie nervenaufreibende gerichtliche Auseinandersetzungen. Dieses Geld fließt klugerweise in den Straßen- und Bürgersteigbau. Das Konzept gefiel den Anwesenden, was sie mit viel Applaus kundtaten.

Landtag und Bundesverfassungsgericht müssen reagieren

Andreas Schulz wand ein, dass wenigstens bei Kreis-, Landes-, und Bundesstraßen die Gemeinden nicht alleine in der Verantwortung stehen könnten. Eine komplette Beitragsfreiheit fand bei den Vertretern von CDU, Grünen und FDP keine Zustimmung. Sie sahen zwar auch Handlungsbedarf, aber nicht in diesem Ausmaß. Ihre Argument war die kommunalen Selbstbestimmung und wenn das Land Steuermittel in Eigentum der Gemeinden fließen lasse, sei das auch keine gerechte Lösung, so die Politiker. Die Fraktion der Linken war die einzige Partei, die sich für eine Abschaffung der Straßenbeiträge und eine Kostenübernahme durch das Land einsetzen will. Sie hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf im Landtag eingebracht. Darüber werden alle Fraktionen demnächst diskutieren und einen Kompromiss finden müssen.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Klaus Pradella, dem Lokalreporter des Hessischen Rundfunks. Er hatte alle Hände voll zu tun die aufgebrachten Bürgerinnen und Bürger, die größtenteils ihre Bescheide in Händen hielten, zu besänftigen, denn einige sahen sich vor dem persönlichen Ruin.