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Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine frühe Rückkehr nach der Elternzeit in den Job – das wird für viele Familien immer wichtiger. Deutlich wird es daran, dass der Bedarf an Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Alter unter drei Jahren deutlich steigt. So auch in der Gemeinde Ebsdorfergrund, die bisher 40 Krippenplätze hat – nun aber von einer riesigen Nachfrage überrascht wurde: Die Bedarfsabfrage im Frühjahr ergab, dass 25 Krippenplätze fehlen.

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v.l. Architekt Dr. Stefan Strack, Michael Esken (Gemeinde), Bürgermeister Andreas Schulz sowie Heike Schick (Gemeinde) schauen sich den neuen Plan an.

„Wir sind davon überrascht worden“, sagt Bürgermeister Andreas Schulz. „Wir erfüllen die gesetzliche Forderung, für 35 Prozent der Kinder einen Krippenplatz anbieten zu können.“ Der Bedarf sei aber plötzlich stark angestiegen worden. Deshalb will die Gemeinde sich auch nicht auf den gesetzlichen Anforderungen ausruhen, sondern neue Krippenplätze schaffen – und zwar schnellstmöglich. Daher sollen drei neue Krippengruppen in Beltershausen entstehen. Die benötigen Räume werden an die bestehende Kita „Sonnenschein“ angebaut.

Zusammen mit dem Architekten Dr. Stefan Strack hat die Gemeinde in kürzester Zeit die Planungen für den Kita-Anbau erstellt und mit allen Beteiligten abgestimmt, darunter etwa Eltern, Erziehern, Unfallkasse und Jugendamt. Täglich rechnet der Bürgermeister damit, dass der bereits vor einem Monat gestellte Bauantrag genehmigt im Briefkasten der Gemeindeverwaltung liegt. „Das war ein sportliches Unterfangen“, sagt Architekt Strack mit Blick auf die kurze Planungszeit von März bis August. „Das funktioniert auch nur, wenn alle Beteiligten von Anfang an so gut zusammenarbeiten, wie hier“, lobt er.

Sportlich soll es auch weitergehen, damit die Krippenplätze so schnell wie möglich zur Verfügung stehen: Die Ausschreibungen bereiten Gemeinde und Architekt bereits in Erwartung der Baugenehmigung vor. Baubeginn soll möglichst bald sein, die Krippe spätestens im Sommer 2019 eröffnet werden. „Wenn alles gut geht, können wir sie vielleicht sogar zum 1. Januar 2019 eröffnen“, hofft der Bürgermeister.

Die Betreuung der Kinder in der Kita-Beltershausen soll trotz Bauarbeiten weitergehen. Umfassende Arbeiten, die in die bisherige Gebäudestruktur eingreifen, sollen nach Möglichkeit in den Ferien gemacht werden. Das werde laut dem Architekten aber nicht immer komplett funktionieren. Wie der Bürgermeister ausführt, kann es also sein, dass eine Gruppe aus der Kita auch mal in das Bürgerhaus ausweichen muss. „Oder im Sommer verbringen die Kinder die Tage überwiegend draußen und gehen auf Exkursionen.“

Die drei Krippengruppen werden in einem neuen Anbau an die Kita in Beltershausen untergebracht. Vor einigen Jahren baute die Gemeinde bereits einige Räume rechts an die Kita an. Ein viel größerer Anbau soll nun auf der linken Seite erfolgen. Das dreieckige Grundstück wird dabei bis auf den letzten Quadratmeter ausgenutzt, wie die Pläne des Architekten zeigen. Die Grundfläche der Kita wird dabei nahezu verdoppelt, von 383 auf 748 Quadratmeter. Optisch wird der neue Anbau an den vorigen Anbau angepasst: Blaue Verschalungen aus Holz sorgen für Farbe und einen Blickfang.

Im Anbau entstehen drei Krippengruppen samt zugehöriger Ruheräume und Waschräume. Auch eine der bestehenden Kita-Gruppen bekommt Platz in dem Anbau. So werden die beengten Räume in der Kita entzerrt – dort entstehen größere Toiletten, eine vergrößerte Küche und ein größerer Personalraum. So wird die Gemeinde den gestiegenen Anforderungen gerecht, wenn bald 100 Kinder und 30 Erzieher ihre Tage in der Kita verbringen. Auch die Kita-Leitung erhält mit dem Anbau ein eigenes Büro, um die täglich anfallende Verwaltungsarbeit optimal erledigen zu können.

Der Anbau inklusive Gestaltung eines Außenbereichs kostet rund 1,5 Millionen Euro, wie Bürgermeister Andreas Schulz erläutert. Dazu gibt es eine Förderung in Höhe von 480.000 Euro, der Förderbescheid kam bereits Anfang August. Auch energiesparend soll der Anbau sein, schließlich will die Gemeinde bis 2020 energieautark sein: Die Krippenräume sind unter einem Flachdach untergebracht. So ist auf dem Dach Platz für eine Photovoltaikanlage, wie der stellvertretende Bauamtsleiter Michael Esken ausführt. Analog zu der Anlage auf dem GrundBad in Heskem möchte die Gemeinde auch hier mit den Stadtwerken kooperieren, die die Anlage installieren und auch betreiben sollen. Die Anlage wiederum soll die Energie für eine Wärmepumpe liefern.

„Bei den Planungen haben wir uns nicht an den geltenden Mindeststandards orientiert“, sagt der Architekt Stefan Strack. Während andere Gemeinden jeden möglichen Quadratmeter einsparen würden, um Kosten zu senken, habe die Gemeinde Ebsdorfergrund das komplette vorhandene Grundstück beplanen lassen, um das Optimalste für die Kinder und das Personal herausholen zu können. Damit sei aber auch eine Kapazitätsgrenze in Beltershausen erreicht.

Den aktuellen Bedarf an den 25 fehlenden Plätzen kann die Gemeinde allerdings nicht decken. „Bisher haben die Plätze gereicht. Jetzt fehlt es an Tagesmüttern und Krippenplätzen. Wir können das Problem aktuell nicht auflösen“, bedauert der Bürgermeister. Das liege auch an einer verkürzten Reaktionszeit: „Viele Kinder, die jetzt einen Krippenplatz brauchen, waren vor einem Jahr nichtmal geboren.“ Früher hätte die Gemeinde ab der Geburt eines Kindes drei Jahre Zeit gehabt, einen Kita-Platz bereitzustellen, heute seien es oft nur noch neun Monate, weil Kinder früher in die Betreuung gegeben würden, als noch vor einigen Jahren. Das erklärt auch, warum der Bedarf an Krippenplätzen seit Jahren deutlich wächst, obwohl die Geburtenzahlen gesunken sind und sich erst langsam stabilisieren beziehungsweise steigen, wie Heike Schick erklärt. Sie ist in Ebsdorfergrund zuständig für die Kitas der Gemeinde und führt weiter aus: „Im vergangenen Jahr wurden im Ebsdorfergrund 59 Kinder geboren. Vor 20 Jahren waren es noch mehr als doppelt so viele.“ Dennoch steige der Betreuungsbedarf.

Das bringt laut Andreas Schulz aber auch einen Vorteil mit sich: „Wenn wir so viele Krippenplätze und Kita-Gruppen haben, können wir vielleicht auch eine Betreuung am Abend und am Wochenende anbieten. Dafür müsste das Interesse groß genug sein.“