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Wenn ältere Menschen zunehmend nicht mehr mobil sind, benötigen sie immer mehr Unterstützung im Alltag oder eine möglichst gute Infrastruktur im eigenen Dorf. Zu einer guten Versorgung gehört auch der Zugang zu Geld: Für den Einkauf, für den Friseur oder um den Enkeln mal etwas zustecken zu können – gerade Menschen, die nicht mehr mobil sind, benötigen Bargeld. Die Versorgung indessen wird schlechter, dadurch dass sich die Sparkasse Marburg-Biedenkopf aus einigen Ortsteilen im Landkreis komplett zurückzieht. In Rauischholzhausen beispielsweise schließt die Sparkasse die Filiale komplett und lässt nicht einmal einen Geldautomaten dort stehen. In Ebsdorf wird die Filiale in eine SB-Filiale mit Geldautomat umgewandelt. „Damit gibt es in Ebsdorf mit der Filiale der Raiffeisenbank Ebsdorfergrund und der SB-Filiale der Sparkasse gleich zwei Möglichkeiten, für die älteren Menschen, Geld zu holen“, erklärt Bürgermeister Andreas Schulz. In Rauischholzhausen hingegen haben die Menschen künftig gar keine Möglichkeit mehr, Geld zu holen.

Andreas Schulz würde es daher gerne sehen, wenn die beiden heimischen Banken zusammenarbeiten würden – im Sinne der Bürger. Ein Musterbeispiel, wie eine solche Zusammenarbeit aussehen könnte, findet sich bereits in Wittelsberg: „Die Raiffeisenbank hat dort das eigene Bankgebäude geschlossen und verkauft. Es ist aber etwas Besonderes, dass sie dennoch 50.000 Euro in einen neuen Geldautomaten investiert hat“, so Schulz. Der Automat ist im GrundTreff untergebracht – und dort können nicht nur Kunden der Genossenschaftsbank kostenlos Geld abheben. Durch eine interne Vereinbarung können dort auch Sparkassenkunden Geld abheben, ohne dass eine Gebühr fällig wird. „Ältere Menschen aus der gesamten Gemeinde kommen hierher“, erklärt der Bürgermeister. Es sei ein Stück Lebensqualität, dass sie sich dort dann auch noch selbstständig Geld holen könnten. „Und das Beispiel in Wittelsberg kann eine Blaupause sein, wie es im ganzen Landkreis geregelt werden kann“, betont Schulz. Die Sparkasse, die allen Menschen gehöre – schließlich ist sie im Eigentum von Landkreis und Stadt Marburg – könnte mit den Genossenschaftsbanken zusammenarbeiten und gemeinsame Geldautomaten betreiben. Für die Beispiele Ebsdorf und Rauischholzhausen könnte das folgendes bedeuten: Die Sparkassen-Kunden können auch bei der Raiffeisenbank in Ebsdorf Geld holen. Die Sparkasse schließt dagegen die Filiale in Ebsdorf komplett und belässt dafür einen Geldautomaten in Rauischholzhausen – an dem sollten dann wiederum Kunden beider Banken Geld holen können. „So könnte man wichtige Infrastruktur für die Menschen in der Gemeinde erhalten“, so Schulz. „Und nach dem gleichen Beispiel könnte man im gesamten Landkreis Infrastruktur und Lebensqualität für die Mitbürger sichern.“

Im Prinzip sind bei beiden Banken laut Schulz die Menschen die Eigentümer. „Und wenn man für die Menschen denkt, dann müsste man mehr Kreativität walten lassen – und etwa eine Kooperation eingehen.“ Die heimische Sparkasse und die lokalen Raiffeisenbanken hätten vor Ort andere Spielräume, als die großen deutschen Bankhäuser. „Und gerade bei der Sparkasse sitzen gewählte Volksvertreter. Von denen müsste man doch erwarten, dass sie für die Menschen denken und handeln – vor allen Dingen für die älteren Menschen“, ärgert sich Schulz. Wenn die Sparkasse schlechte Zahlen habe, müssten Landkreis und Stadt dafür zahlen – im Prinzip haften also die Bürger für ihre Bank. „Dafür müssen die Bürger aber auch erwarten können, dass diese Banken an die Menschen denken“, so der Rathauschef. „Oma und Opa wollen über ihr eigenes Geld autonom verfügen können. Das ist für sie Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.“ Es sei ein Verlust an Selbstwertgefühl, wenn sie sogar für das Geldabheben schon Nachbarn oder Familie um Hilfe bitten müssten.

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